Sebastian Schäffer hat sich nach seinem Schulabschluss für ein Chemiestudium entschieden. Sein Antrieb: Er will etwas in der Welt verändern. Seit einem Jahr arbeitet er mit dreiKommilitonen an der Idee, Nährstoffe in Gülle zu bestimmen, um die Landwirtschaft durch Technologie nachhaltiger zu gestalten. Zusammen mit seinem Mitgründer Alessandro D’Amanzo erzählt er uns, wie alles angefangen hat.
Sechs Credits sind ihr Wegweiser in die Start-up Welt
Ihre Neugier für das Unternehmertum war der ausschlaggebende Punkt, warum sich die Studenten damals für die Tech Challenge beworben haben. Die sechs Credits waren dabei ein netter Nebeneffekt, der ihnen die Türen zur Start-up Welt öffnete.
Um einen Überblick über die Angebote des Start-up-Ökosystems zu bekommen, war die Tech Challenge der perfekte Einstieg. Doch um Impact schaffen zu können, braucht es mehr als nur den Willen zur Veränderung. Sebastian ist der Meinung, dass man erst den Problemen zuhören muss, um sie dann ganz klar definieren zu können. Dabei hilft es, den Schritt nach außen zu wagen und sich selbst mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen. Denn dadurch kann man erkennen, was die wirklichen Probleme sind, die gelöst werden müssen.
Die Tech Challenge ist ein Programm der Academy for Innovators, bei dem Studierende dazu angeregt werden, menschenzentrierte Innovationen in der Praxis zu verstehen. Im Rahmen des Programms, das halbjährlich stattfindet, werden reale Challenges von Industrie und Wissenschaft formuliert, für die die Teilnehmenden mögliche Lösungen finden sollen. Anschließend werden Teams gebildet und die Challenges, die es zu lösen gilt, vertieft. Um nicht nur an der theoretischen Oberfläche zu kratzen, werden zur Lösungsfindung auch Prototypen entwickelt.
Nährstoffwerte-Messung ist ihr Schlüssel zum Erfolg
Die Vision ihres Start-ups ist geschaffen: Sie wollen Nährstoffwerte in Gülle messen.
Aktuell kursiert bereits ein Trend in der Landwirtschaft: “Precision Farming”. Satellitenkarten werden genutzt, um bestimmen zu können, wie viele Nährstoffe auf einzelnen Teilflächen der Felder gebraucht werden, um einen maximalen Ernteertrag zu erzielen. Doch um dieses Ziel erreichen zu können, muss auch klar sein, wie viele Nährstoffe in dem Düngemittel enthalten sind.
Das Team um Sebastian und Alessandro setzt in seiner Entwicklung auf Gülle. Dieser Rohstoff ist sehr günstig und verfügbar. Wenn die Landwirtschaft diesen günstigen Rohstoff gezielt auf die Felder bringt, kann der Ertrag genau so hoch gehalten werden wie bei der Verwendung teurer Mineraldünger. Bis dato kann aber noch nicht festgestellt werden, wie viele Nährstoffe durch die Düngung mit Gülle auf die Felder kommen. Hier setzen Sebastian, Alessandro, Timo und Matthias an. Aufgrund ihres Chemiestudiums haben sie die Expertise in der Nährstoffbestimmung von heterogenen Gemischen wie Gülle. Sie wollen die Düngung präzisieren, um den Pflanzen das zu geben, was sie brauchen. Ein maximaler Ernteertrag sowie das Einsparen wertvoller Rohstoffe ist das Ziel, da Überdüngung vermieden werden kann.
Im Rahmen der Tech Challenge konnte das Team dieses Problem identifizieren, mit der Unterstützung von Partnern wie Baywa seine Lösung entwickeln und den nächsten Schritt zu den TUM Venture Labs gehen. In Weihenstephan haben sie mit Eigenkapital ihren ersten Prototypen finanziert und dort bereits erste Messungen durchgeführt. Zur Freude von allen waren diese erfolgreich und sie konnten weiter an ihrer Vision tüfteln.
Um ein erfolgreiches Start-up aufzubauen braucht es aber nicht nur eine gute Idee und eine umsetzbare Lösung, sondern auch unternehmerische Fähigkeiten. Sebastian, Alessandro Timo und Matthias begaben sich deshalb in die Obhut von XPLORE. Sie konnten sich einen besseren Überblick über den Markt verschaffen und Prozessabläufe innerhalb ihres Start-ups verstehen und etablieren. Damit schufen sie die Grundlage für ihren Durchbruch.
Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, hat das Team den ersten Platz beim TUM IDEAward 2023 gemacht.
Dieses Jahr wollen die Chemiestudenten nutzen, um ihren Prototypen unter Echtbedingungen auf dem Feld zu testen. Auf Basis der sich daraus ergebenden neuen Erkenntnisse können sie ihre Idee weiterentwickeln. Darüber hinaus ist eines ihrer langfristigen Ziele, Initiator dafür zu sein, dass 50% aller Felder in Deutschland mit Gülle gedüngt werden, nachhaltig und effizient mit Hilfe ihrer Messtechnologie.
Starke Verbindungen
Tipps der Gründer:
Sucht euch ein Gebiet, für das ihr euch wirklich interessiert und für das ihr euch begeistern könnt. Um ein Problem und daraus folgend eine Lösung zu finden, muss man bereit sein, Tag für Tag zu lernen und zu verstehen.
“Man kann eigentlich jedes Problem lösen, wenn man das richtige Team hat.” sagt Alessandro. Für ihn ist es wichtig, Teammitglieder um sich zu haben, auf die er sich zu 100% verlassen kann, um Aufgaben auch abgeben zu können, die eine andere Person aus dem Team vielleicht sogar besser umsetzen kann. Dem Micromanagement wird also von Anfang an der Rücken gekehrt.
Man hört es immer wieder: Connection is Key. Sebastian und Alessandro berichten davon, dass ein Netzwerk aus wertvollen Kontakten essenziell ist. Es gilt vorsichtig zu sein, wem man sich anvertraut, dennoch lohnt es sich, die Mühe und Zeit zu investieren, um wahre Mentor_innen zu finden.
Geholfen hat ihnen vor allem auch im Hinblick auf ihr Netzwerk die UnternehmerTUM. Sie bezeichnen UnternehmerTUM als eine Art Leitstelle, an die man sich wenden kann, um sich im Start-up-Ökosystem zurechtzufinden, die Strecke muss dennoch jeder selbst zurücklegen. Und dabei wünschen wir Sebastian, Alessandro, Timo und Matthias auf ihrem Weg, eine nachhaltige Landwirtschaft zu gestalten, viel Erfolg!