- Verfasst von Vanessa Cann -
Künstliche Intelligenz (KI) ist ohne Zweifel eine der bedeutendsten Schlüsseltechnologien unserer Zeit. Sie findet bereits in zahlreichen Bereichen Anwendung, wie beispielsweise in Sprachassistenten, Industrierobotern oder medienwirksam in autonomen Fahrzeugen.
Obwohl Europa die riesigen Chancen von KI längst erkannt hat, stellen sich der Anwendung zu viele Hürden in den Weg. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen scheuen sich vor ihrem Einsatz - und verschenken damit eine Menge Potenzial. Auch für die breite Bevölkerung scheint die Künstliche Intelligenz eher in die Kategorie Science-Fiction und ferne Zukunftsmusik zu fallen - dabei nutzen wir alle nahezu täglich Anwendungen, die durch KI erst möglich geworden sind.
Eine kürzlich erschienene Umfrage der Bertelsmann Stiftung deckt auf: Weite Teile der Bevölkerung können zwischen KI und Algorithmen nicht unterschieden und die Möglichkeiten, die KI bietet, nicht einschätzen. Das führt zu Unsicherheit in der Bevölkerung, aber auch in den Unternehmen. Was kann KI leisten? Wie kann ich durch KI profitieren? Diese Fragen bleiben zu oft unbeantwortet - und resultieren in einer Zaghaftigkeit im Einsatz von KI, die für Europa zu einem echten Wettbewerbsnachteil wird.
Es sollte daher auch niemanden verwundern, dass nicht Deutschland und Europa, sondern die USA und China in der Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien marktführend sind. Europa begibt sich dadurch in eine digitalpolitische Abhängigkeit und verliert zunehmend die Möglichkeit, eigene Lösungen zu etablieren, in denen Künstliche Intelligenz im Sinne europäischer und demokratischer Werte Anwendung findet.
Die Politik versucht den vorherrschenden Berührungsängsten mit einem klaren regulatorischen Rahmen entgegenzuwirken, der sogenannten High-Risk-Anwendungen Verbote und Bedingungen auferlegt. Die EU-Kommission hat hierzu im Frühjahr letzten Jahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Obschon der Grundgedanke dahinter richtig ist, darf bezweifelt werden, dass dies zu mehr Innovation und Fortschritt im Bereich der europäischen KI-Entwicklung führt. Eher besteht die Gefahr, dass Unternehmen die KI-Entwicklung aus Sorge vor bürokratischen Hürden und regulatorischen Prozessen erst recht ins Ausland verlagern.
Das ist bedauerlich, denn Europa verfügt über einen gemeinsamen Markt beachtlicher Größe und damit über einen für die KI-Entwicklung wertvollen Datenschatz. Zudem gibt es zahlreiche Unternehmen mit klugen Köpfen, die die KI-Entwicklung vorantreiben wollen und dies auch im Sinne europäischer Werte tun. Wir sollten ihnen keine Steine in den Weg legen, sondern stattdessen unterstützend dazu beitragen, dass wir mehr digitale Souveränität erlangen und unser europäisches KI-Ökosystem sukzessive stärken können.
Über Vanessa Cann:
Als Geschäftsführerin im KI Bundesverband e.V., dem größten Netzwerk für Künstliche Intelligenz in Deutschland mit rund 350 KI-Unternehmen aus KI und Deep-Tech, verantwortet Vanessa Cann seit 2020 das Mitglieder- und Partnermanagement sowie die Verbandsentwicklung.
Die Politikwissenschaftlerin leitete im Vorfeld bereits die Plattformen Künstliche Intelligenz und Future Mobility beim Bundesverband Deutsche Startups e.V. und damit bestens vertraut mit den Bedürfnissen von Start-ups, etablierten Unternehmen und Investoren. Ihre frühere Arbeit in der Politikberatung weckte in Cann die Begeisterung für Künstliche Intelligenz, als sie Fortune500-Unternehmen in ihrer Digitalpolitik beriet. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Förderung von weiblichen Talenten, wobei sie als Mentorin für Start-ups und bei Women in AI wirkt.
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