Es sind bekannte Schlagzeilen, die immer wieder die Runde machen: Fachkräftemangel im Gesundheitssektor, zunehmende Alterung der Bevölkerung, Burnout-Gefahr bei Pflegekräften. Sieht man sich die Prognosen im Pflegebereich genauer an, kommt schnell die Frage auf: Wie können wir diese Herausforderung meistern?
Ein besonderes Projekt der Digital Product School (DPS) geht hier mit positivem Beispiel voran. CareMates zeigt, wie man mit künstlicher Intelligenz den Arbeitsalltag vieler Pflegekräfte erleichtern kann.
Die Herausforderungen des Pflegesektors
Die Zahl der Pflegebedürftigen, die im Jahr 2021 noch bei fünf Millionen Menschen lag, soll laut der Pflegevorausberechnung des statistischen Bundesamts (Destatis) bis ins Jahr 2055 um 37% ansteigen. Grund dafür ist unter anderem auch der Demographische Wandel. Dieser beschreibt die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung. Die daraus resultierende gravierendste Folge ist laut der Bertelsmann-Stiftung die steigende Zahl alter und pflegebedürftiger Menschen.
Nicht nur in der Bevölkerung sorgen diese Prognosen für Beunruhigung, sondern auch da, wo die Pflege bereitgestellt wird. Die Caritas ist eine dieser Organisationen. Sie bietet ein umfassendes Hilfsangebot für Menschen in Not. In diesem Rahmen werden 25.000 ambulante und stationäre Einrichtungen von der Caritas unterhalten. Sie zählt somit zu den wichtigsten Akteuren im Sozial- und Gesundheitssystem. Carmen Zeller, Manager Innovative Business Development in Social Work bei der Caritas, berichtet von großen Problemen und Herausforderungen: Man benötige mehr Pflegerinnen und Pfleger, denn die oftmals gestressten Mitarbeitenden neigen zu einer hohen Burnout-Rate. Kaum zu glauben, dass die Zahl der beschäftigten Personen in Pflegeeinrichtungen statistisch in den letzten Jahren leicht gestiegen ist. Dennoch, die mangelnde Akzeptanz des Berufes in der Gesellschaft, aber auch die bekannten täglichen Begleiter wie Stress und Zeitmangel tragen nicht zur verbesserten Wahrnehmung des Berufsbildes bei.
An einem klassischen Arbeitstag entfallen ca. 3/5 der Arbeitszeit einer Pflegekraft für Dokumentationen. Durch die administrative Belastung bei der Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten in einem ohnehin stressigen und überlasteten Arbeitsumfeld, steigt das Risiko für psychische Erkrankungen enorm. Infolgedessen häufen sich auch Krankheitstage. Dem will die Caritas entgegenwirken und hat sich mit ihrer Herausforderung an die Digital Product School gewendet: „Wäre es nicht toll, wenn unsere Pflegekräfte weniger Zeit für die Dokumentation aufbringen müssten und dadurch wieder mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten hätten?“.
Digitalisierung des Aufnahmeprozesses
Dylan, Johannes, Michael, Pablo und Sunny haben sich in der DPS zusammengefunden und dieses Projekt gemeinsam gestartet.
Für die Neuaufnahme einer Person in einer Pflegeeinrichtung müssen etwa fünf Arbeitsstunden der Pflegekraft eingeplant werden. Bei mehreren Aufnahmeanfragen in der Woche kann dies bis zu 25 Arbeitsstunden in Anspruch nehmen. Als Problem zeichnet sich hierbei nicht nur der zeitliche Aufwand ab, sondern auch die damit verbundenen Kosten. Denn für die Aufnahme in eine Einrichtung können jährlich Personalkosten von bis zu 46.800€ anfallen.
Gestartet als Team, mittlerweile herangewachsen zum Start-up, schafft CareMates mit seiner Lösung das zeitaufwendige Aufnahmeverfahren ab. Durch die Digitalisierung des Aufnahmeprozesses mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kann nicht nur die Versorgung verbessert werden, sondern auch eine Zeitersparnis von bis zu vier Stunden pro Patientin und Patient erzielt werden. Das heißt, das Pflegepersonal kann damit 80% mehr Zeit für die Pflege der Menschen nutzen und die Einrichtung kann mit Hilfe von CareMates bis zu 37.440€ jährlich einsparen.
Bei der Aufnahme der pflegebedürftigen Person beginnt die Software mit der Erfassung der Daten. Basierend auf einem nutzerfreundlichen digitalen Aufnahmebogen wird aufgezeigt, welche Leistungen die Person benötigt und welche Risiken beachtet werden müssen. Mit nur einem Klick kann daraus automatisch ein individueller Pflegeplan mit Kostenvoranschlag sowie die notwendigen Vertragsdokumente erstellt werden. Normalerweise wird der Pflegeplan bei Aufnahme der Person erstellt und sollte regelmäßig angepasst werden. Doch in der Realität fehlt für die Anpassung oftmals die Zeit und veraltete Pflegepläne bleiben bestehen. Mit der neuen Lösung von CareMates kann dieser Prozess vereinfacht werden. Der Gesundheitszustand wird in regelmäßigen Intervallen überprüft und im System eingetragen. Dadurch passt sich der Pflegeplan automatisch dem entsprechenden Pflegebedarf an. Das bedeutet, dass jeder Mensch die Pflege bekommt, die er benötigt.
Partnerschaft auf Augenhöhe
Die Digital Product School ist ein Innovations-Programm von UnternehmerTUM. Eng begleitet von Mentoren und Experten entwickeln diverse Teams innovative digitale Lösungen zu aktuellen Herausforderungen, die eine positive Auswirkung auf unser Zusammenleben haben.
CareMates wurde bei diesem Projekt nicht nur von Caritas und der Digital Product School unterstützt, sondern auch von Amazon Web Services (AWS). Neben Talent, Motivation und dem richtigen Methodenwissen, braucht es auch Ressourcen. In der ganz frischen Kooperation mit der DPS hat AWS das Team intensiv mit technischen Ressourcen, finanziellen Mitteln und im Engineering unterstützt. Laut Mitgründer Dylan hat sich das wie eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe angefühlt.
Die Möglichkeiten eines Innovations-Zentrums
Für die Zukunft möchte CareMates seine Lösung so weiterentwickeln, dass auch andere Pflegedienste ihren Zeitaufwand für Dokumentationen minimieren und sich den wichtigen Dingen im Arbeitsalltag widmen können.
In dem Programm der DPS konnte das Team ein Problem identifizieren und eine Lösung finden. Jetzt bereiten sie sich weiter auf den Markteintritt vor. In dem UnternehmterTUM-Programm XPLORE werden Teams intensiv darauf vorbereitet und klären unter anderem diese Fragen:
- Wie finde ich den Zugang zu potenziellen Kunden?
- Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es und welche sind passend für mein Start-up?
- Wie verhalte ich mich richtig im Umgang mit Kunden?
- Wie und wo kann ich Prototypen bauen?
CareMates hatte im aktuellen Batch das perfekte Umfeld, um ihre Idee auszubauen und somit einen weiteren Schritt in Richtung Markteintritt zu machen. Ihre Software konnten sie bereits in 23 Einrichtungen einbringen und haben das Feedback erhalten, dass zehn von elf Pflegekräften die Software auch in Zukunft nutzen möchten. Wie es für das Team weiter geht? Wir werden berichten und wünschen ihnen viel Erfolg!