Im Jahr 2020 kamen rund 580 Protoyping-Projekte bei UnternehmerTUM zur Umsetzung. Diese reichen von Gründungsprojekten, aus denen ein eigenes Start-up entsteht, bis hin zu fortschrittlichen Produkten, mit denen sich Unternehmen zukunftsfähig aufstellen. Ein Grund zum Feiern!
In Programmen wie XPLORE, der Digital Product School und dem Executive MBA mit seinen Impact-Projekten entwickelt ihr Lösungen und findet eine Anlaufstelle, wenn ihr sie frühzeitig ausprobieren, Prototypen bauen und testen wollt. Ähnlich haben es die Start-ups gemacht, die wir unten vorstellen. Muster und Modelle zu konstruieren ist ein essentieller Schritt auf dem Weg zur eigenen Gründung oder der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen.
Im Artikel konzentrieren wir uns auf das Protoyping mit Hardware-Lösungen, also physischen Produkten und nicht z.B. der Software-Komponente. Wir wollen wissen: Wie läuft erfolgreiches Prototyping ab? Warum ist Schnelligkeit dabei wichtig? Dazu haben wir uns zwei Teams genauer angesehen, die es geschafft haben - echte Musterexemplare sozusagen!
Start-up 1: Magazino
- Branche: Robotik für Logistik und Produktion
- Gründungsjahr: 2014
- Gründungsteam: Frederik Brantner, Lukas Zanger, Nikolas Engelhard
Die Roboter von Magazino unterstützen Arbeitskräfte in der Intralogistik bei ergonomisch ungünstigen Arbeiten: Lange Laufwege, schwere Kisten schleppen oder das Kommissionieren aus der untersten oder obersten Regalebene. Viele dieser Aufgaben werden gezielt den Robotern zugespielt während sich der Mensch auf andere Arbeiten konzentrieren kann.
Das Team begann in unserer High-tech-Werkstatt MakerSpace—bzw. in deren Vorgänger. Die Räumlichkeiten nutzten die Gründer, um erste Prototypen-Modelle für ihren Roboter zu bauen und das Produktdesign zu verfeinern. “Das war damals ein wichtiger Punkt, schließlich ging es darum, den Roboter zum ersten Mal auf Fachmessen auszustellen und erste Kundschaft und Investment-Fonds zu überzeugen”, erinnert sich das Team. 2015 sammelten sie die erste große Finanzierung ein und ihr mobiler Pickroboter kam ein Jahr darauf in Schuhlagern zum Einsatz. Nichtsdestotrotz sagen sie heute: “Wir haben bereits sehr früh viel Wert auf gutes Produktdesign gelegt. So wichtig das auch war, wir hätten gut daran getan, uns wesentlich früher auch um gutes Produktmanagement zu kümmern—das hätte uns viel Zeit erspart.”
Vor allem eins wollen sie anderen Gründenden mitgeben: “Testen, Testen, Testen! Wirklich weiter kommt man nur, wenn das Produkt der Komplexität der Realität ausgesetzt wird.” Ihre eigenes Prototyping in den ersten Jahren war von einem enormen Tempo und zahlreichen Iterationen geprägt: “Bei technisch hochkomplexen Hardwareprodukten ist schnelles Scheitern und neu Probieren enorm wichtig. Gute Beziehungen zu Lieferanten sind dabei das A und O–schließlich haben wir Entwicklungsschritte nicht in Jahren oder Monaten gemacht, sondern in Wochen oder gar Tagen.”
Im Pandemie-Jahr 2020, als viele Menschen die Not zur Tugend machen mussten, legten sie einen weiteren Meilenstein: Alle Roboterflotten wurden ausschließlich mit einem Remote-Service betrieben, ohne Ingenieursteam vor Ort. Dieses Jahr startete ihr Pilotprojekt mit dem Roboter SOTO in der produzierenden Industrie. Wir gratulieren und sind gespannt, wie’s weitergeht!
Start-up 2: FAZUA
- Branche: Elektroantrieb für Fahrräder
- Gründungsjahr: 2014
- Gründungsteam: Fabian Reuter, Johannes Biechele, Philipp Schuster, Sebastian Boß, Marcus Schlüter
FAZUA stellt Antriebe für E-Fahrräder her. Das Gründungsteam lernte sich beim Studium in München kennen. Aus der Leidenschaft für’s Biken entstand der Anspruch, den besten Antrieb für E-Bikes herzustellen—leicht und schön sollte er auch sein. UVC Partners investierte sehr früh in das Unternehmen und unterstützt die Gründer bis heute mit Kapital, Wissen und dem Netzwerk von UnternehmerTUM. Inzwischen arbeitet FAZUA nicht nur mit namhaften Herstellungsfirmen wie Trek, Canyon und Lapierre zusammen, sondern versteht Nachhaltigkeit als eins seiner höchsten Unternehmensziele.
Das Prototyping starteten Fabian, Johannes, Philipp und Sebastian an der Hochschule München. Von Anfang an testeten sie ihre Motoren an echten Rädern. Die Fahrradrahmen dafür stellten sie selbst her—mal mit einfachen Mitteln, mal als professionelles Musterexemplar. Die Gründer arbeiten mit Rapid Prototyping, mit eigenen 3D-Druckern, dem additiven Laser-Sinter-Verfahren, Silikonguss und Rapid Tooling.
Die schnelle Visualisierung und Verkörperung mit Modellen ist für sie zentral. Bei ihrem E-Bike-Motor waren es unzählige Prototypen und vier Industrialisierungs-Musterstände bis ein fertiges Produkt herauskam. Trotz genauer Berechnungen durch das Ingenieursteam kann etwas in der Praxis anders laufen. “Nichts kann das Testen am Objekt ersetzen. Mal etwas in der Hand zu haben bringt viel mehr Erkenntnis, als nur theoretisch Schleifen zu drehen”, meint Johannes Biechele. Auch bei der Kundschaft oder Kapitalgebenden? “Auf jeden Fall. Der zeigbare Prototyp spricht eine stärkere Sprache als die Theorie und ist stärker als 1.000 Bilder.”
Für sie ist das Fahrrad fester Bestandteil der Welt von morgen: “In visualisierten Zukunftsszenarien spielt das Fahrrad typischerweise keine Rolle. Aber warum? Es ist ein körperbewusstes Fortbewegungsmittel und wir möchten es für die Zukunft so realisieren, dass es sich sinnvoll ins Leben der Menschen integriert—und sie wieder zurück zur eigenen Mobilität bringt.” Nachhaltigkeit ist dabei auch ein Nordstern. FAZUAs Ziele sind, die fahrradbasierte Mobilitätsära zu gestalten, frei von Verschwendung und kreislauffähig. Das Investment von UVC Partners war ein Katalysator für sie—auch weiterhin wünschen wir viel Fahrtwind!
Mit unserer neuen Serie "Making U Count" zeigen wir anhand von Geschichten, Interviews und Bildstrecken, welchen Mehrwert UnternehmerTUM in den letzten 20 Jahren geschaffen hat, welche Erfahrungen am prägendsten waren und wie sie unsere Vision geschärft haben.