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Geschrieben
14 September 2020
Thema
Built Environment
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Wenig prägt das Bild unserer Erde im Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen so sehr, wie Gebäude, Städte und gebaute Infrastruktur. Wir hinterlassen unseren Folgegenerationen ein in Beton gegossenes Erbe. Die Digitalisierung, moderne Technologien und Kommunikationsmittel eröffnen völlig neue Wege für das Planen, Bauen und das Betreiben von Bauwerken. Smart Building und Smart Living sind keine Visionen mehr. Doch werden diese Chancen auch wahrgenommen? Eine Bestandsaufnahme.

Bauwerke beeinflussen, wie wir wohnen, arbeiten oder von A nach B kommen. Sie schaffen Emotionen, können Weite oder Enge suggerieren, deprimierend oder stimmungsaufhellend wirken. Veränderungen unseres Lebensstils schlagen sich auch in Gebäuden nieder: Ob Klimawandel, digitale Transformation – oder ganz aktuell: die Corona-Krise. Obwohl die Baubranche vor allem in Deutschland sehr konservativ geprägt ist, wird sie sich auf die Megatrends der Zukunft wie etwa Nachhaltigkeit oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz - Technologien einstellen müssen.

Blickt man auf die letzten Jahrzehnte der Baugeschichte hierzulande zurück, wird schnell deutlich, dass trotz immenser technischer Fortschritte, große Defizite etwa bei der Koordination von Baustellen herrschen und die Bauzeiten insgesamt noch zu lang sind – siehe Elbphilharmonie oder Flughafen BER. Woran liegt das?

Planungen werden häufig von der Realität überholt

Alexander Kropp, Abteilungsleiter BIM bei der Firmengruppe Max Bögl

„Ein wesentliches Problem liegt in der baubegleitenden Planung. Dabei werden Planungen häufig von der Realität überholt und Abstimmungen zwischen den Bauausführenden und der Planung vor der Ausführung nahezu unmöglich“, sagt Alexander Kropp, Abteilungsleiter BIM bei der Firmengruppe Max Bögl. „Ein weiteres Problem ist die Koordination der Leistungserbringung und der zugehörigen Logistik. Gerade bei Großprojekten sind viele Beteiligte mit vielen Personen zeitgleich auf der Baustelle. Die jeweiligen Leistungen aufeinander abzustimmen ist eine extreme Herausforderung. Davon hängt aber auch die Logistik der Materiallieferung und des Ressourceneinsatzes auf der Baustelle ab. Durch die Suche nach Material, das Warten auf Krane oder Lieferungen oder die Unterbrechung der Arbeit durch andere Gewerke kommt auf der Baustelle viel unproduktive Zeit zustande und damit aus Sicht von Lean auch Verschwendung,“ fährt Kropp fort.

Die Anforderungen aber steigen gleichzeitig: Bauwerke sollen energieeffizienter, flexibler, weniger gesundheitsschädigend und smarter werden. Übergreifende digitale Lösungen könnten hier Abhilfe schaffen, z.B. mit intelligenter Datenübertragung, digitalen Plausibilitätskontrollen in der Arbeitsvorbereitung oder einer BIM-basierten Bauwerksstruktur – doch die Baubranche integriert diese nur langsam. Gerade Building Information Modeling (BIM), also die modellbasierte Planungsmethode auf Basis eines 3D-Modells, kann durch die Verknüpfung komplexer Daten jedes noch so detailreiche Bauwerk abbilden – ohne dass Informationen bei der Planung verloren gehen.

Was muss passieren, damit sich die Baubranche auf die Zukunftstrends einlässt – und wie könnte das Bauen der Zukunft aussehen?

Unsere Kooperationsplattform für die Bau- und Immobilienindustrie - BEFIVE – hat gemeinsam mit ihren Partnerunternehmen eine Vision für 2030 entwickelt und dabei die wichtigsten Trends analysiert: So sehen wir gerade an der Corona-Krise, dass unsere festen Arbeitsstrukturen aufgeweicht werden: Mehr Home-Office und die flexiblere Nutzung von Büroräumlichkeiten. In den Firmengebäuden der Zukunft wird eine anpassungsfähige Architektur Standard sein, was bereits eine modulare und iterative Planung voraussetzt. Dabei wird die Nutzung von Big Data eine entscheidende Rolle spielen: Während in heutigen Gebäuden der zuständige Architekt traditionell die Anforderungen an ein Gebäude erhält und auf dieser Basis einen Entwurf erstellt, könnten schon in naher Zukunft anhand von Daten Anforderungsprofile und bedarfsgerechte Gebäudekonzepte errechnet werden. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und Robotik könnten durch „Prefabrication“ Bauteile vorproduziert und zum richtigen Zeitpunkt fertig angeliefert werden, was Zeit, Material, Kosten und Fehlerquellen reduzieren würde.

Die Digitalisierung eröffnet auch für Bürgerinnen und Bürger neue Möglichkeiten, interaktiv in Planungsprozesse einbezogen zu werden. Das wachsende Umweltbewusstsein innerhalb der Gesellschaft wird sich zudem in einem nachhaltig geprägten Baugewerbe widerspiegeln – z.B. durch die Wiederverwendung von Materialien im Sinne von „Cradle to Cradle“. Der demografische Wandel, die Globalisierung, Urbanisierung und steigende Anfälligkeit von Gesellschaften für Pandemien und Krisen fordern ein Umdenken bei der Stadt- und Gebäudeplanung. In den Städten ist bezahlbarer Wohnraum ein elementarer Zukunftsfaktor.

Neue Player drängen zwar mit digitalen Innovationen auf den Markt, dennoch sind etablierte Unternehmen der Branche eher zögerlich. Woran liegt das?

Dazu herrscht in der Baubranche eine Kultur der Beständigkeit, schließlich sollen die Bauwerke eine möglichst hohe Lebenszeit besitzen. Diese Kultur prägt auch die Veränderungsbereitschaft der Beteiligten, da alles Neue erstmal den Beweis führen muss, besser als das Bewährte zu sein.

Alexander Kropp, Abteilungsleiter BIM bei der Firmengruppe Max Bögl

„Ein Grund sind die Firmenstruktur und die Aufteilung der Arbeiten in viele verschiedene Fachgewerke und der zugehörigen Vertragsstrukturen. Dadurch ist eine Betrachtung der Probleme durch eine gesamtheitliche Sichtweise über alle Phasen und Leistungen sehr schwierig oder widerspricht den Vertragsstrukturen der einzelnen Beteiligten. Dazu herrscht in der Baubranche eine Kultur der Beständigkeit, schließlich sollen die Bauwerke eine möglichst hohe Lebenszeit besitzen. Diese Kultur prägt auch die Veränderungsbereitschaft der Beteiligten, da alles Neue erstmal den Beweis führen muss, besser als das Bewährte zu sein. Neue Technologien, welche die Zusammenarbeit der Baubeteiligten fördern und darüber den Beweis antreten, dass echte Innovation wirklich möglich ist, sind daher der Schlüssel für eine Digitalisierung der Baubranche.“ so Alexander Kropp.

Kooperationen mit Start-ups sind daher umso wichtiger: „Ein echter Wandel kann nur erzielt werden, wenn einzelne Beteiligte einen neuen Weg aufzeigen und in der Zusammenarbeit neue Technologien und Lösungen umsetzen. Dabei ist es absolut notwendig, die Vorteile einer gemeinsamen Nutzung von neuen Technologien klar aufzuzeigen. Eine Zusammenarbeit verschiedener Beteiligter wie sie bei BEFIVE gelebt wird ist daher der richtige Weg, diese Schwierigkeiten zu überwinden“, fügt Kropp abschließend hinzu.

Bildnachweis: Adobe Stock

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