Mit "Bio.Kitchen" hat UnternehmerTUM unter der Leitung des Biohackers Rüdiger Trojok 2018 das erste öffentlich zugängliche Biotech-Labor Deutschlands ins Leben gerufen. Nun engagiert sich das Team in Ghana mit einem mobilen Labor, um die lokale Herstellung von neu entwickelten COVID-19-RNA-Schnelltests zu fördern, Arbeitsplätze zu schaffen und der kommerziellen Produktion den Weg zu ebnen.
Das Coronavirus breitet sich weiter auf der Nordhalbkugel aus. Wie können wir dazu beitragen, den afrikanischen Kontinent zu schützen? Weil zu wenige Tests im Land bereit stehen sind die Covid-19-Fälle in Ghana schwer zu erfassen und die Pandemie breitet sich mit hoher Dunkelziffer ungehemmt aus. Dabei hat sich aus der Erfahrung anderer Länder längst gezeigt: Flächendeckende Tests ermöglichen eine wirksame Kontrolle der Pandemie.
In Ghana sind PCR-Tests und die notwendigen Materialien schlichtweg zu teuer, außerdem fehlt es an der Infrastruktur. Bio.Kitchen will hier mit einem innovativen Konzept Abhilfe schaffen: Ein mobiles Labor mitsamt Materialen, Schutzkleidung und einem System zur Dokumentation soll es ermöglichen, eigene Produktionsstätten aufzubauen. Dieses ist leicht zu transportieren, innerhalb von nur 24 Stunden einsatzbereit und kann täglich über 500 Covid-19-Tests leisten. Laborfachkräfte werden direkt vor Ort dafür ausgebildet und geben wiederum ihr Wissen weiter.
LAMP-Test kostet nur ein Sechstel des PCR-Tests
Das Projekt ist im Mai 2021 in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Rahmen des Förderprogramms develoPPP.de des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gestartet. Ziel war eine kostengünstige Testalternative für den ghanaischen Markt. Forschende der TU München haben dafür einen Test entwickelt, der auf der RT-LAMP-Technologie (Reverse Transcription Loop-mediated Isothermal Amplification) basiert. Wie der etablierte RT-PCR-Test (Reverse Transcription Polymerase Chain Reaction) weist LAMP die RNA von Viren in menschlichen Speichelproben nach und ist dabei schneller, leichter in der Auswertung und kostengünstiger bei vergleichbarer Genauigkeit. Für die Testauswertung sind keine teuren High-tech-Geräte notwendig, die Bearbeitungszeit beträgt mit 1,5 Stunden etwa ein Drittel der Auswertungszeit eines PCR-Tests – bei weniger als der Hälfte der Kosten. Auch wird der LAMP-Test schätzungsweise nur ein Sechstel des PCR-Tests kosten.
Dafür erhalten 120 Laborfachkräfte an etwa 50 Einrichtungen aus ganz Ghana Schulungen zur korrekten Probenentnahme und LAMP-PCR-Testung. Ein eigens für das Projekt zusammengestelltes mobiles Labor - ausgestattet mit Geräten und Material für die Probennahme, Testung und Diagnosestellung - versetzt die Laborfachkräfte von Anfang an in die Lage, erfolgreich mit der neuen Technik zu arbeiten. Die Labormöbel wurden von der Hightech-Werkstatt „MakerSpace” von UnternehmerTUM eigens für den Feldeinsatz konzipiert und handgefertigt. Zudem wird eine voll ausgestattete Pilotanlage mit lokalen Partnern für die Herstellung von Testreagenzien und zur Qualitätssicherung entlang der Produktionslinie von RT-LAMP-Testkits etabliert.
Bio.Kitchen hat zudem virtuelle Schulungsunterlagen konzipiert und bildet seit Mitte 2021 Laborfachkräfte vor Ort aus. Bis April 2022 wird das Projekt an lokale Partner übergeben.
Zukünftige Anpassung der Tests möglich
Bio.Kitchen liefert mit der LAMP-Technologie das Rüstzeug zur Eindämmung zukünftiger Epidemie- und Pandemieausbrüche – denn sie kann schnell und unkompliziert für neu auftretende oder bereits existierende Viren- und Bakterieninfektionen angepasst und verwendet werden. So kann eine Ausbreitung frühzeitig verhindert werden, ohne auf den Import von Kits und Reagenzien angewiesen zu sein.
Eine Ausweitung der LAMP-PCR Schulungen mit dem Mobile Lab für weitere Länder ist bereits in Planung.
Über Bio.Kitchen
Bio.Kitchen bietet der Life-Science-Community, Corporate Innovators und Start-ups zum einen eine Plattform zum freien Experimentieren. Und mehr noch: Die „Bio.Kitchen“ will – unter Einhaltung adäquater Schutzmaßnahmen gesetzlicher Sicherheitsstandards für Labore der Stufe eins – dabei helfen, bakterielle Erkrankungen ohne Antibiotika zu bekämpfen.