Unbenannte Praesentation
Geschrieben
06 April 2023
Thema
Nachhaltigkeit
Teilen

Der vergangene Winter stand für spärlich beschneite Skipisten in den Alpen, man sah mehr Grün als Weiß, bei gleichzeitig frühlingshaftem Wetter. An Neujahr stieg die Temperatur in der Schweiz auf +20 Grad Celsius – noch nie war sie im Januar auf der Alpennordseite derart hoch.

Warum das viel mit unserer Industrie zu tun hat und wie Nachhaltigkeitsziele wirklich erreicht werden können.

Im letzten Jahrhundert hat sich das Klima in den Alpen stark verändert. Die Durchschnittstemperatur ist um alarmierende 2°C gestiegen, doppelt so stark wie im globalen Vergleich. Der jüngste IPCC-Bericht zeigt, dass bei einer Fortsetzung des derzeitigen Trends das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur unter 1,5 °C zu halten, kaum noch zu erreichen ist: er liegt derzeit bei 1,1 °C. Anfang der 2030er Jahre wird die Welt diese Grenze wahrscheinlich überschreiten. Eine der denkwürdigsten Äußerungen des vergangenen Jahres kam zweifellos von UN-Generalsekretär António Guterres auf der COP27, als er erklärte, die Welt hielte ihren "Fuß auf dem Gaspedal auf einer Autobahn zur Klimahölle".

Die Dringlichkeit des Themas hat dazu geführt, dass mehr Unternehmen aller Größenordnungen ihre eigenen Netto-Null-Klimaziele festgelegt haben. Allerdings liegen wir immer noch weit hinter dem Tempo des Wandels zurück, das wir erreichen sollten, und es bestehen Zweifel an der Wirksamkeit solcher Ziele, da der UN-Generalsekretär sie als "unterschiedlich streng und mit Schlupflöchern, die so groß sind, dass ein Diesel-Lkw hindurchfahren kann" bezeichnete.

Ein typischer Fallstrick ist ein reiner CO2-Fokus. 50 % der Emissionen stammen aus der Materialnutzung, und die Gewinnung von Rohstoffen hat noch schwerwiegendere Folgen als "nur" die Beschleunigung der Klimakrise.

Matthias Ballweg, Mitbegründer und Geschäftsführer von CIRCULAR REPUBLIC

Warum erreicht die Industrie ihre Emissionsreduktionsziele nicht?

Die Netto-Null-Ziele werden aus verschiedenen Gründen verfehlt. Oftmals bewirken große Worte Wunder für den Markennamen, während die tatsächliche Durchführung dieser Ziele auf der Strecke bleibt. Die Reduzierung von Emissionen erfordert ein langfristiges Engagement, und die Unternehmen müssen bereit sein, in die notwendigen Ressourcen und Technologien zu investieren, um ihre Ziele zu erreichen und sicherzustellen, dass sie mit der nationalen Politik in Einklang stehen. Der erste Schritt besteht darin, die Quelle ihrer Emissionen zu ermitteln. Da Schadstoffe aus der Lieferkette sowie aus der Nutzung und Entsorgung von Produkten branchenübergreifend die häufigsten Emissionsquellen sind, raten Rahmenwerke wie der “Corporate Net-Zero Standard” von The SBTi den Unternehmen, Maßnahmen und Investitionen zur Verringerung des Kohlenstoff-Fußabdrucks innerhalb der Wertschöpfungskette Vorrang vor der Konzentration auf die Emissionen außerhalb der Kette zu geben.

"Ein typischer Fallstrick ist ein reiner CO2-Fokus. 50 % der Emissionen stammen aus der Materialnutzung, und die Gewinnung von Rohstoffen hat noch schwerwiegendere Folgen als "nur" die Beschleunigung der Klimakrise. Unternehmen sollten die Ressourcenfrage berücksichtigen und darüber nachdenken, wie sie sich de-materialisieren können", betont Matthias Ballweg, Mitbegründer und Geschäftsführer von CIRCULAR REPUBLIC.

Die zweite große Herausforderung besteht in der Messbarkeit: Die Unternehmen müssen sich von Anfang an messbare Ziele für die Emissionsreduzierung setzen, damit sie ihre Fortschritte verfolgen, anpassen und verbessern können. Immer wichtiger wird auch die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit. In den EU-Ländern sind Unternehmen in bestimmten Industriezweigen bereits verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen öffentlich zu melden, und es ist zu erwarten, dass diese Vorschriften in Zukunft noch strenger und umfassender werden.

An Anreizen zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen und zur Umsetzung von Dekarbonisierungszielen in konkrete Klimamaßnahmen fehlt es nicht, das zeigen z. B. der europäische Investitionsplan Green Deal, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Vielen Unternehmen fällt es jedoch schwer, den ersten Kontakt zu einem dieser Fonds herzustellen, da sie den wichtigsten ersten Schritt vernachlässigen: eine gründliche Analyse ihrer Aktivitäten, um die Lücken in ihren Bemühungen zu erkennen und die Ressourcen zu identifizieren, um diese zu schließen.

Heutzutage spielen Unternehmen, insbesondere in Sektoren wie Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Produktion, eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung der globalen Emissionen und der Verwirklichung von Netto-Null-Zielen.

Sylvia Stojilkovic, Managing Partner bei TechFounders

Innovationsökosysteme: Brücke zwischen Unternehmen und Start-ups

Lösungen für komplexe Herausforderungen erfordern die Zusammenarbeit von Akteuren aus allen Branchen und mit unterschiedlichem Hintergrund. Offene Innovationsrahmen ermöglichen es den Beteiligten, ihre Fähigkeiten, Ressourcen und Erfahrungen zu bündeln und fortschrittlichere und effektivere Lösungen zu entwickeln. Initiativen wie RE100 und CE100 setzen neue Nachhaltigkeitsstandards für Branchen und Regierungen, indem sie Unternehmen, die öffentliche Hand und akademische Einrichtungen zusammenbringen, um den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen und die Umstellung auf erneuerbare Energien voranzutreiben. Dazu führen sie Petitionen durch, stellen technische Kriterien für Regierungen bereit und bieten Ressourcen, Toolkits und Netzwerkplattformen an. Dass eine erfolgreiche Energiewende möglich ist, zeigen Länder wie Island, wo fast 85 % der Energie aus einheimischen erneuerbaren Quellen stammen.

"Die führenden Unternehmen des nächsten Jahrzehnts sind nicht defensiv, wenn es um Dekarbonisierung und De-Materialisierung geht, sondern spielen offensiv. Sie passen ihre Geschäftsmodelle und die Art und Weise, wie sie die Kundenbedürfnisse befriedigen, proaktiv und weit vor den regulatorischen Trends an. Diese Strategie war bereits in den letzten fünf Jahren erfolgreich und wird sich in den kommenden Jahren noch stärker differenzieren”, so Ballweg.

Innovationszentren wie UnternehmerTUM regen die Entwicklung von Ideen an, die den Status quo in Frage stellen und eine weitere Annäherung in Richtung CO2-Neutralität fördern, indem sie relevante Unternehmen und Innovationstreiber zusammenbringen. Durch Programme wie TechFounders, die kurzfristige Kooperationsprojekte zwischen etablierten Unternehmen und nachhaltig agierenden Start-ups fördern, erhalten Unternehmen ein risikoarmes Umfeld, um Lösungen zu testen, bevor sie sich auf größere Investitionen in neue Technologien und Infrastrukturen festlegen. Die Zahl der Start-ups, die Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell integrieren, nimmt stetig zu, was auch auf Faktoren wie die staatliche Förderung, fruchtbare Innovationsökosysteme, die wirtschaftliche Rezession und die anhaltende Energiekrise zurückzuführen ist. So tragen beispielsweise von den mehr als 60.000 Start-ups in Deutschland etwa 30 % zu den Umweltzielen einer Green Economy bei.

"Heutzutage spielen Unternehmen, insbesondere in Sektoren wie Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Produktion, eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung der globalen Emissionen und der Verwirklichung von Netto-Null-Zielen. Deshalb haben wir uns mit einer Reihe von Unternehmen zusammengetan, die sich für einen positiven Einfluss auf die Umwelt einsetzen, und helfen ihnen durch unsere Vermittlungsdienste, nachhaltige Lösungen zu finden, die funktionieren. Gründerinnen und Gründer stehen oft an vorderster Front bei der Entwicklung neuer Technologien, die den Unternehmen helfen können, ihre Dekarbonisierungsziele zu erreichen", sagt Sylvia Stojilkovic, Managing Partner bei TechFounders.

Das TechFounders-Programm arbeitet seit langem mit Unternehmen zusammen, die ihre Kohlenstoffbilanz verbessern und Alternativen für ihre derzeitigen Prozesse, Produkte und Dienstleistungen finden wollen. Die Auswirkung eines solchen Dienstes wurde durch verschiedene erfolgreiche Kooperationen und Projekte mit Branchenführern wie HP Tech Ventures, SAFRAN, Wieland und ALDI bewiesen.

Einige Beispiele für solche Start-ups und ihre Innovationen sind:

Changers

Changers.com: Changers fördern die Gesundheit am Arbeitsplatz und treiben gleichzeitig den Klimaschutz voran. Mit ihrer App können Unternehmen und Städte CO2-Challenges erstellen, die zum Umdenken im Bereich Klimaschutz anregen und Mitarbeiter, Mitbürger und Kunden zu mehr Bewegung motivieren.

Simplifyber

Simplifyber: Mit Zellulose und 3D-Druck zur Herstellung umweltfreundlicher Kleidung revolutioniert Simplifyber die Modeindustrie. Ihr Verfahren reduziert 35 % des Materialabfalls in der herkömmlichen Mode-Lieferkette, benötigt weniger Ressourcen und ist vollständig biologisch abbaubar.

Fix First

FixFirst: FixFirst macht Kreislaufdienstleistungen wie Reparaturen einfach, zugänglich und attraktiv - für alle. Die KI-gestützte Software ermöglicht ein Ökosystem aus lokalen Reparaturdienstleistern, Herstellern, Einzelhändlern und Versicherungen, indem sie eine sofortige Fehleranalyse und Videokonsultationen aus der Ferne ermöglicht.

Voltfang

Voltfang: Dezentrale Batteriespeichertechnologien sind entscheidend, um die Energiewende voranzutreiben. Voltfang hat ein Ökostrom-Speichersystem entwickelt, das ausschließlich gebrauchte Batterien aus Elektroautos verwendet. Das System kann überschüssige Energie aus Sonnenkollektoren speichern und saubere Energie für Unternehmen und Privathaushalte bereitstellen.

Impact Nexus

ImpactNexus: Nachhaltige Berichterstattung für Unternehmen einfach und verständlich machen. Die Software von ImpactNexus unterstützt Unternehmen und ihre Investoren bei der Verwaltung, Berichterstattung und Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen. Ihre Lösung automatisiert die Bewertungen und liefert maßgeschneiderte Verbesserungsvorschläge.

Zeit, es richtig zu machen

Mit diesem Artikel möchten wir die Unternehmen daran erinnern, dass die Macht in der Summe liegt: Kein Unternehmen kann den Klimawandel allein aufhalten, daher ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Experten, Gesetzgebern und Innovatoren von entscheidender Bedeutung. Drei Dinge sind heute mehr denn je gefragt: Proaktivität, Praxisnähe und Einigkeit, um das gleiche Ziel zu verfolgen.

Lasst uns unsere Kräfte bündeln und die Netto-Null-Problematik zur gemeinsamen Priorität machen!

Entdecke
ähnliche Stories

BUD 3152 1

Gülle, das Gold der Landwirtschaft?!

Thumbnail Webseite 2

Batterie-Recycling für die elektrische Zukunft: Video-Interview mit dem zirkulären Start-up tozero

Standbild 2

Nächstes Level für's Plastik-Recycling: Das zirkuläre Start-up cirplus im Video-Interview

20221025 Helmut Schoenenberger 30 © Christian Kudler / UnternehmerTUM

Warum die Kreislaufwirtschaft so wichtig für die Industrie ist und wie Start-ups die Umsetzung vorantreiben – Von Prof. Dr. Helmut Schönenberger, CEO von UnternehmerTUM

Start up Landkarte

Landkarte 2023: Start-ups treiben die Circular Economy voran

Foto Founder

„Im Kontext zirkulärer Geschäftsmodelle ist die Zusammenarbeit der Schlüssel“ – Interview mit dem Gründungsteam von CIRCULAR REPUBLIC

Foto Tengelmann Duo © Tengelmann Twenty-One KG

„Innerhalb unserer Nachhaltigkeitsstrategie nimmt der Kreislaufgedanke eine zentrale Rolle ein“ – Interview mit Christian Haub und Dr. Saskia Juretzek der Tengelmann Twenty-One KG

© Carl Warkentin © © Carl Warkentin

„Kreislaufwirtschaft ist unternehmerisch absolut spannend“ – Interview mit Carl Warkentin, Unternehmer und Founder Circular Platforms bei CIRCULAR REPUBLIC

BDI-Initiative Circular Economy © Dr. Claas Oehlmann, Geschäftsführer BDI-Initiative Circular Economy mit Projektreferentinnen Inken Sittler und Annika Stuckenhoff

Impuls: Vier gute Gründe, warum die Circular Economy die DNA unserer Wertschöpfung werden muss

German Popp, Fotoatelier am Hafen, Straubing © German Popp, Fotoatelier am Hafen, Straubing

„Wir können liefern, was die Politik angesichts der Energiekrise händeringend sucht“ – Interview mit Start-up Reverion

Copyright: Julia Roblick © Copyright: Julia Roblick

“Nachhaltigkeit ist kein Nischenthema mehr” - Interview mit Julia Roblick, Program Managerin bei RESPOND

Re shirt Portrait website

"Über die Idee zu sprechen, hilft enorm" – Interview mit dem Team von RE-SHIRT

Copyright: Gerald von Foris © Copyright: Gerald von Foris

"Architektur soll Lebensbedingungen verbessern" – Interview mit Anna Heringer

Vier Personen in einem Meeting, aus der Vogelperspektive aufgenommen © Thomas Dashuber

Fallstudien zur Kollaboration: Start-ups und etablierte Unternehmen bringen nachhaltige Innovationen voran

Drei Personen beim Netzwerken © Bert Willer

Für Welt und Wirtschaft: Nachhaltige Start-ups aus Venture Capital-Perspektive

Satellitenbild der Erde © United States Geological Survey

Start-ups mit klimawirksamen Technologien: ein Innovationsschub in den wichtigsten Sektoren

U Talk Grafik

Wachstum im 21. Jahrhundert neu definiert - ein Paradigmenwechsel für unsere Wirtschaft (U Talk)

U Talk Grafik

Globale Herausforderungen - wie begegnen wir ihnen? (U Talk)

19 11 21 Unternehmer TUM 0320

Die Start-ups von heute setzen auf Nachhaltigkeit – Europaweite Onlinebefragung „Sustainability in Startups“

Circular wires

Vier Schritte zur Kreislaufwirtschaft: wegweisende Start-ups und was Unternehmen daraus lernen können

Newsletter
Monatliche Updates

Eure Prise Gründungskultur: Bleibt up to date mit Neuigkeiten aus dem UnternehmerTUM-Netzwerk und Veranstaltungstipps und erfahrt von Start-ups, die aktuell durchstarten.
Hier findet ihr die Datenschutzerklärung mit Hinweisen zur Protokollierung eurer Anmeldung, zum Versand über Mailchimp, zur statistischen Auswertung und den Abbestellmöglichkeiten.